»Zum Glück nicht allein« – Predigt zum 5. Sonntag der Sommerkirche 2019
In der Predigtreihe über „Glücksmomente in der Bibel“ predigte Gemeindereferentin Ulrike Meyer am 4. August 2019 unter dem Titel „Zum Glück nicht allein“ über Markus 6,7–12.
Er rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.
Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst! Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis.
Und sie zogen aus und verkündeten die Umkehr.
Liebe Gemeinde!
NCIS, Two and a Half Men, Sportschau, Tatort, Game of Thrones, Sing meinen Song – das sind nur ein paar Antworten aus meinen Freundes- und Bekanntenkreis, als ich ihnen in der letzten Zeit die Frage gestellt habe: „Was ist deine Lieblingssendung?“
Trotz meines Berufes ist nicht einer auch nur ansatzweise auf die Idee gekommen, dass ich mit der Frage nach der Lieblingssendung vielleicht auch eine religiöse Frage gestellt habe. Bei dem Wort Sendung denkt halt irgendwie jeder gleich ans Fernsehen oder auch ans Radio. Spannend ist auch immer, dass, wenn ich für die Vorbereitung einer Familienmesse bei Google das Wort „Messe“ eingebe, mir eigentlich fast nur irgendwelche Großveranstaltungen angezeigt werden: Deutsche Messe, Hannover Messe, Beauty Messe, Gesundheitsmesse und so weiter. Erst wenn ich „Gottesdienst“ eingebe, erhalte ich dann doch relativ zügig das von mir gewünschte.
Beide Begriffe „Sendung“ und „Messe“ sind heute nicht mehr so selbstverständlich mit unserem Glauben verbunden, wie ich es aus meiner Kindheit kannte. Ich bin in einem kleinen emsländischen Dorf aufgewachsen und wie es im Emsland so üblich ist, in einem ziemlich katholischen Dorf. Die wenigen evangelischen Mitbürger waren für uns damals schon fast Exoten. Ihre Pastorin Frau Landwehr-Wegner weiß das ziemlich genau, denn sie ist in dem gleichen katholischen Dorf aufgewachsen und gehörte somit zu diesen Exoten. Jedenfalls gab es in meiner Kindheit an den besonderen Festtagen wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten immer ein lateinisches Festhochamt. Unser damaliger Pfarrer hatte eine wirklich tolle Singstimme und verstand es auch hervorragend, dieses Festhochamt mit vielen Messdienern, Weihrauch und allem, was die katholische Kirche so an Feierlichkeit hat, zu feiern. Das hat mich damals als Kind immer unheimlich beeindruckt – heute würde ich sagen (mit einem kleinen Zwinkern): Eine perfekt inszenierte Show! Ich meine das durchaus positiv! Obwohl ich ja kaum ein Wort verstanden habe – denn trotz Latein als Schulfach, war ich natürlich nicht in der Lage, das Ganze zu verstehen – nahm mich dieser Gottesdienst immer mit, beeindruckte und bewegte.
Und am Ende des Gottesdienstes, da wo wir im deutschen und heute eigentlich so gut wie immer „Gehet hin in Frieden“ sagen, da kam dann ein ganz anderer Auftrag! „Gehet hin in Frieden“ – das ist fast schon ein Schlusspunkt, oder eine gestrichelte Linie: Messe ist aus, bleibt friedlich da draußen in der Welt! Auch nicht wirklich leicht, aber wie schon gesagt, das hat für mich eher was von gestrichelter Linie.
Am Ende einer lateinischen Messe heißt es Ite, missa est! Geh, und sei Sendung! Oder auch: Geht, ihr seid gesendet! Dieser alte Gruß hat die Christen jahrhundertelang daran erinnert, dass sie eine Sendung haben, eine Mission, mit der sie von Gott selbst beauftragt sind.
Eben im Schrifttext nach Markus haben wir genau von dieser Sendung gehört: Jesus sendet seine Jünger aus, jeweils zu zweit, damit sie seine Botschaft von Ort zu Ort tragen: eine Botschaft, die böse Geister vertreibt, Menschen zur Umkehr bewegt und Heilung schafft.
So gesehen müsste auf meine anfänglich gestellte Frage nach der Lieblingssendung für uns Christen eigentlich die Antwort heißen: Meine Lieblingssendung lautet: Ich bin von Gott gesandt, um seine frohe Botschaft des Friedens, der Heilung, der Liebe in dieser Welt zu verkünden, damit die Menschen spüren können, wer und wie Gott ist, worauf es in unserem christlichen Glauben ankommt.
Wir alle sind also gesendet, genauso wie die Jünger Jesu. Ein jeder ist dazu berufen, dort wo er lebt und arbeitet, sein Christsein in dieser Welt zu leben, ein jeder nach seiner Art und seinen Fähigkeiten. Überall dort, wo wir leben, sind wir Zeugen der frohen Botschaft Jesu Christi.
Und Verkündigung geschieht niemals alleine. Verkündigung geschieht in Gemeinschaft. Einer allein kann oft nur wenig ausrichten. So galt auch im Judentum erst das Zeugnis von zwei Menschen als wahr. Jesus sendet die Jünger zu zweit aus. Sie bekräftigen so die Wahrheit der Botschaft Jesu. Wenn man zu zweit ist, kann man einander helfen, wenn einer in Gefahr gerät. Auch das war bei einem ungesicherten Wanderleben, bei dem man nicht damit rechnen konnte, stets auf freundlich gesinnte Menschen zu treffen, notwendig. Doch auch für das geistliche Leben ist ein Begleiter wichtig. Unverzichtbar sind das gemeinsame Gebet, der Austausch über die Erfahrungen und der Beistand des anderen, wenn einer Zweifeln oder Anfechtungen ausgesetzt ist.
Jesus sagt auch: „Was zwei von euch gemeinsam erbitten, werden sie erhalten. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ So wird deutlich, dass die Jünger nicht in ihrem eigenen Namen kommen, sondern dass Jesus bei ihnen ist und durch sie wirkt. Und auch das kann uns allen hier Kraft und Stärke geben.
Gerade in letzter Zeit lesen wir immer mehr von schwindenden Zahlen der Christen – in Deutschland gehören „nur“ noch ein wenig mehr als die Hälfte der Bevölkerung zum Christentum. Laut aktuellen Studien sollen wir sogar bis 2060 noch die Hälfte unserer Mitglieder verlieren. Wir arbeiten quasi „mit fortlaufendem Erfolg“!
Das ist sicher nicht etwas, das ich ignorieren möchte oder gar bejubeln möchte. Aber es macht mir auch keine wirklich große Angst. Denn unser Glück (und so komme ich am Ende meiner Predigt nun doch endlich auf das eigentliche Thema zu sprechen) … unser Glück ist: Wir sind nicht allein!
Gott ist da, er ist JAHWE, der ICH BIN DA, er lässt uns nicht allein, er gibt uns Menschen an unserer Seite, die gemeinsam mit uns unterwegs sind. Er gibt uns allen die Vollmacht, in seinem Namen zu handeln. Und er erwartet auch nicht, dass wir immer Erfolg haben. Denn es heißt ja bei Markus: „Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter.“ Scheitern ist erlaubt, aber davon nicht unterkriegen lassen … weitergehen! Anders ausgedrückt könnte man sagen: Wir sind Mitglied in einem tollen Team, das die volle Unterstützung vom Chef hat und das auch mal Scheitern darf. Ist das nicht ein wahres Glück!
Ich denke, die Jünger werden es auch so empfunden haben – also ein wahrer Glücksmoment in der Bibel. Und Glück soll man teilen – es wird nicht weniger, es wird dann mehr. Schließlich hat uns der Sendungsauftrag von Jesus an seine Jünger bis hierher geführt. Lassen sie auch unser Glück teilen … werden sie Fan ihrer Lieblingssendung!
Und so sage ich Ihnen allen am Ende dieser Predigt noch mal ganz klar und deutlich: Ite, missa est! Geht, ihr seid gesendet! Amen!
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