Monatsandacht für Juni/Juli

„Ich bete darum, dass eure Liebe immer noch reicher werde an Erkenntnis und aller Erfahrung.“ (Phil. 1,9)

Liebe Gemeinde,

„Immer genau gleich wie meine Kinder!“, sagte meine Tante Wilma früher. Damit sorgte sie dafür, dass ich als Sohn gehörloser Eltern eine halbwegs normale Kindheit und Jugend erlebte. Sie schickte mich mit meinen Cousins zur Schule, zum Spielen auf die Straße oder zum Fußball. Wir gingen gemeinsam auf Feten oder zu Kinobesuchen. Ich wuchs auf wie in einer Großfamilie unter der Obhut meiner Tante und meines Onkels, die in der Wohnung unter uns lebten.

Auch zum Konfirmandenunterricht in der Bergkirche, zur Konfirmation und anschließenden aktiven Jugendarbeit begleitete ich meine Cousins. Nach einigen Umwegen bekam ich schließlich 1982 meine Anstellung auf dem Rentamt der reformierten Gemeinde. In diesem Monat feiere ich mein 35 jähriges Dienstjubiläum. Am Anfang meiner Tätigkeit gab es keine Computer, daher mehr Schreibarbeit; kein Handyalarm, dafür viele menschliche Kontakte und Amtsbesuche, keine Emails und kein Internetbanking, stattdessen täglich Botengänge an der frischen Luft mit Post oder Besorgungen auf der Bank. Wir hatten mehr Zeit zum miteinander Sprechen und aufeinander Hören.

Ich war 25 Jahre, meine Kollegin Mitte 40 und mein Chef gefühlt steinalt. Anfangs waren noch alle
Emslandgemeinden im Rentamt angeschlossen, auch das hat sich mittlerweile geändert.

An „Liebe“, wie Paulus es erhoffte, dachte ich damals wie heute. Ich wünschte mir von Anfang an, dass ich hier gut aufgehoben war in meiner Bürogemeinschaft. Und das wünsche ich mir immer noch, Menschen zu finden, um Gemeinschaft, Freundschaft und Heimat zu erleben. Ich wünsche mir die nötige Kraft und Gesundheit, weitere Veränderungen zu bewältigen, die auf mich zu kommen.

Vielleicht hat es Paulus ja in diesem Sinne gemeint, wie meine Tante Wilma es mir vorgelebt und von ihrer Familie erwartet hat: „Immer genau gleich wie meine Kinder!“ Ihr Motto half, dass ich als Schwächerer integriert wurde, dass ich auf den Weg gebracht wurde.

So gesehen hat es doch mit Liebe zu tun, wenn ich – ähnlich wie Paulus damals der philippischen Gemeinde – uns heute in der Osnabrücker Kirchengemeinde ein gutes und vielfältiges Miteinander wünsche!

Auf jeden Fall wünsche ich uns allen einen Sommer mit vielen liebevollen Erkenntnissen und nachhaltigen Erfahrungen!

Ihr Heino Stagge