Monatsandacht für Oktober

„Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ (2. Kor. 3,17)

Liebe Gemeinde,

Freiheit! Der Satz über die Freiheit, den der Apostel Paulus in seinem 2. Brief an die Christen in der Hafenstadt Korinth geschrieben hat, hat es in sich. Uns mag er eher vor den Kopf stoßen. Unsere Zeit ringt um Identität, nicht um Freiheit. Und dann werden Aspekte stark gemacht, die unsere Bindung betonen. Also das, was uns hoffentlich Sicherheit bietet, in unübersichtlicher Zeit. Stichworte: „Leitkultur“, „christlich-jüdisches Abendland“, „Überfremdung“. Stichwort in unserer Kirche: „unsere Tradition“, „was heißt eigentlich reformiert?“

Mit den liberalen Großstädtern in Korinth ringt Paulus um das Verständnis von „Freiheit“. Sie meinen, Freiheit sei, wenn man eigentlich alles tun darf, was man will. Das wird Paulus zur Riesen-Herausforderung. Er hat ja die „Freiheit“ in den Mittelpunkt seines Evangeliums gestellt. Auf die Freiheit will er, der er aus der totalen Gebundenheit kommt, kein Jota verzichten. Freiheit vor Gott: Wir sind nicht festgenagelt auf unser Versagen, nicht eingesperrt in das Laufrad des Gesetzes. Sondern: Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! (Gal. 5,1). In Korinth stößt er damit an Grenzen, denn hier leben sie Freiheit ohne Rücksicht – zum Beispiel bei ihren Abendmahlsfeiern: Da sind die Reichen schon vollgefressen, wenn die Armen dazukommen. Auch für ein sehr freizügiges Sexualleben (für den, der sich das finanziell leisten kann) ist die Hafenstadt bekannt. Paulus schwant, dass er den Begriff Freiheit hier weiterentwickeln muss. Freiheit, entdeckt er, findet ihre Grenze in der Rücksicht auf den anderen Menschen. Und: Freiheit findet ihre Grenze, wenn sie mir selbst schadet, zur Beliebigkeit und Sucht wird. Er formuliert: Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangen nehmen. (1. Kor. 6,12).

Was nun unserer Kirche und unserer Zeit ins Stammbuch schreiben? Evangelische Freiheit ist für
Paulus unverzichtbar. Ihre Grenze ist nicht unsere Tradition, sondern nur, dass sie weder die eigene Freiheit noch die des anderen einschränken darf. Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit!

Viel Gutes zum Oktober wünscht Ihnen

Ihr Pastor Steffen Tuschling