Monatsandacht für November 2014

„Lernt Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!“ (Jes 1,17)

Liebe Gemeinde,

welch ein Auftakt! Wie in einer Ouvertüre klingen gleich am Anfang des Jesaja-Buches die großen
Themen an: das Recht, die Unterdrückten, Witwen und Waisen. Gebieterisch fordert Jesaja: Setzt euch
für sie ein! Genau das macht ihn zum Propheten. Nebenbei: es macht ihn nicht überall beliebt…
Für das Recht zu kämpfen! Sich für die Unterdrückten, für Witwen und Waisen einsetzen! Das ist
auch für uns Christen ein Thema. Jesus hat genau diese Traditionslinie aufgegriffen. Ein Thema, das
begeistert. Das prohetische Amt der Kirche. Manchmal frage ich mich: wo anfangen?
Schaue ich in die Nachrichtensendung, so ist diese voll von Unterdrückten und Leidenden, zugleich
bleibt oft Verwirrung: In vielen Konflikten scheint unklar, wer hier im „Recht“ ist, und wer nicht.

Eines aber ist zur Zeit bei uns sehr klar: Die Flüchtlinge, das sind die „Witwen und Waisen“ unserer
Tage. Dem Grauen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat Syrien entronnen; dem Religionsterror des IS
entwischt; als Verzweifelte übers Mittelmeer geschwommen. Und nun sind sie hier. In Lagern
„zwischengelagert“.

Neulich war ich in Bayern: dort wird in Dörfern und Städten diskutiert, welche Turnhalle, welche
Jugendherberge und welcher öffentliche Raum zum nächsten Flüchtlingslager werden soll… Doch
anders, als von 20 Jahren, gibt es eine öffentliche Meinung, die für die Flüchtlinge Partei ergreift, wird
diskutiert, das Arbeitsverbot aufzuheben, gibt es Menschen aller Schichten, die in diese Lager gehen,
mit den Kindern spielen, beim Deutschlernen helfen etc. Alles Tropfen auf den heißen Stein, ja, aber
immerhin. Ich sah die Schlagzeile einer Zeitung: Und was tun die Kirchen? – Diese Frage lässt mich
seitdem nicht mehr los. Hier bei uns ist es noch nicht so weit wie in Bayern, dass wir die Flüchtlinge
auf Schritt und Tritt sehen. Aber schon seit langem gibt es in St. Elisabeth einen Besuchskreis, der
Flüchtlinge im Lager Bramsche-Hesepe besucht. Gibt es im nahen NRW Gemeinden, die laden
Flüchtlinge zu sich in den Gottesdienst ein und holen sie ab. Ich wünschte mir, dass wir uns
anschließen. Dass wir lernen, Gutes zu tun. Den Unterdrückten zu helfen. Mit kleinen Schritten. Aber
Schritten. Das wäre doch was, oder?

Ihr Pastor Steffen Tuschling